Eric Bibb
BLUES PEOPLE
Dixiefrog/HArt CD
(60’)
Den Anstoß zu Eric Bibbs tief-
gründiger neuer Arbeit gab Amiri
Barakas Buch „Blues People: Negro
Music in White America“ (
19 6 3
),
darin wird der Beitrag schwarzer
Musiker auf dem Weg aus der Ras-
sendiskriminierung gewürdigt. Vor
ganz frühen Vertretern der Bürger-
rechtsbewegung in den USA ver-
neigt sich Bibb respektvoll in Songs
wie „Chain Reaction“ und „Dream
Catchers“. Voller Dankbarkeit ge-
denkt er in den Vagabundenliedern
„Driftin’ Door To Door“ und „Silver
Spoon“ jener Blues-Troubadoure,
die mit ihrer befreienden Botschaft
einst durch die Lande zogen. Taj
Mahal, Guy Davis und Popa Chubby
erinnern sich mit ihm.
hake
MUSIK ★ ★ ★ ★
KLANG ★ ★ ★ ★
Diverse Musiker
ROUND NINA -
A TRIBUTE TO NINA SIMONE
Emarcy/Universal CD (auch als LP erhältlich) (53’)
Das Line-Up mit jüngeren Jazz-,
Pop- und Avantgarde-Künstlern
ist erstklassig. So liefern Melody
Gardot, Sophie Hunger und Camille
einen Tribut an die
2003
gestorbene
Sängerin, deren Songs heute zum
musikalischen Weltkulturerbe zäh-
len. Simone selbst sah sich nie als
Jazzsängerin. Folgerichtig gibt Ke-
ziah Jones dem grandiosen „Sinner-
man“ ein rockiges Outfit, während
die britische Newcomerin Lianne
La Havas „Baltimore“ mit einer
repetitiven Afro-Gitarre unterlegt.
Auch der französische Retro-Croo-
ner Ben L’Oncle Soul interpretiert
den Bluesklassiker „Feeling Good“
äußerst einfühlsam.
wz
MUSIK
KLANG
★ ★ ★
Neil Young
STORYTONE - DELUXE
Reprise 2 CDs
(79’)
Auch als LP erhältlich
Die Lieder über das Ende seiner Ehe
nach
3 6
Jahren (wie „Like You Used
To Do“ mit den Versen „I couldn’t
satisfy you/Couldn’t show you my
love/But I just kept trying/The
time went by/You didn’t want to
know.“) sind eine Mischung aus
Trauerarbeit, Selbstbezichtigung
und Anklage. Ohne die Stax-Soul-
Bläser und den ganzen orchestralen
Zuckerguss klingen dieselben oft
doch ziemlich privaten Bekenntnis-
se über „tough love“ (i. e. alte) und
„new love“ mitsamt ihrer Melan-
cholie in den Unplugged-Fassungen
der zweiten CD um einiges eindring-
licher, radikaler, authentischer,
glaubwürdiger.
F. Sch.
MUSIK ★ ★ ★ 1 ^ ^ ^ ^ ^ ^ ^
KLANG ★ ★ ★ ★ ____________
V ltK T II \
M 3 W K I.IN
SINGS
THE
GREAT
DIVA
CLASSICS
1
Aretha Frank
SINGS THE GREAT DIVA CLASSICS
Sony CD (auch als LP erhältlich)
(41’)
Die frühen von Jerry Wexler produ-
zierten Atlantic-LPs wurden zuletzt
in ganz außerordentlichem Remas-
tering klammheimlich neu vorge-
legt. Was Aretha Franklin damals
in den Fame-Studios aufnahm, darf
man mit den jüngsten Produktionen
nicht vergleichen. Die Stimme ist
noch agil, der Verschleiss aber un-
überhörbar: Grausam auffällig ist
dies bei Barbra Streisands „Peop-
le“, nur eine kleine Weile zu Beginn
nicht so krass bei Dinah Washing-
tons „Teach Me Tonight“ . Ihren
guten Musikgeschmack gaben bei
der Aufnahme von Gladys Knights
„Midnight Train To Georgia“ alle
Beteiligten am Studioeingang ab.
F. Sch.
MUSIK ★ ★ _£★ ★
KLANG ★ ★ ★ ★
Damien Rice
MY FAVOURITE FADED FANTASY
Atlantic/Warner CD
(51‘)
Auch als LP erhältlich
Die Überraschung gleich zu Beginn:
Damien Rice singt mit Kopfstimme,
sehr intim und leicht brüchig
klingt die hohe Lage - eine
neue Facette. Danach bereitet
der Ire dem Hörer ein emotio-
nales Wechselbad: Zarte, ja
fragile
Momente
werden
immer wieder zerschnitten
von emotionalen Ausbrüchen
- ein Spannungsbogen, der
dieses erste Album seit acht
Jahren trägt. Das Warten hat
sich gelohnt, gelang es Kult-
produzent Rick Rubin (Johnny
Cash usw.) doch, eine Ahnung
von der Energie eines Damien
Rice-Konzertes zu vermitteln.
Beeindruckend, auch wenn
Sängerin und Expartnerin
Lisa Hannigan leider fehlt.
Zumindest in den ruhigen Mo-
menten, wo Akustik-Sounds
dominieren, hat das Klangbild
audiophile Qualitäten.
A.Ku.
s.
ä
6
MUSIK
S
KLANG
★ ★ ★ ★ V
Das DR-Logo gibt den Dynamikumfang des Tonträgers an. Nähere Infos unter www.stereo.de
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Kirkelig Kulturverksted/Indigo, 4 CDs
(209’)
Ihr letztes Jubiläum feierte die
Kirkelig Kulturverksted (KKV) mit
„3 0
Years’ Fidelity“. Während bei
diesem Sampler die Klangqualität
im Vordergrund stand - die meisten
Aufnahmen finden im Rainbow Stu-
dio statt -, will die „kirchliche Kul-
turwerkstatt“ nun ihre Philosophie
im Wandel der Zeit verdeutlichen.
Über
400
CDs hat Erik Hillestad mit
seinem Label veröffentlicht - ein
Mann mit kirchlichem Hintergrund,
der seinem Label durch eine klare
musikalische Vision und geniales
Produzenten-Geschick ein charak-
teristisches Profil verlieh.
Im ersten Jahrzehnt ging es vor
allem darum, mit Künstlern wie
Kenneth Sivertsen oder Sondre
Bratland Grenzen einzureißen zwi-
schen Kirchenmusik, Folklore und
„weltlichem“ Pop. Das Jahrzehnt
zwischen
7 4
und
83
setzte diesen
Weg fort, bei gleichzeitiger Wahrung
alter Traditionen. Auch bei uns be-
kannten Musikern wie Kari Bremnes
gelang diese Gratwanderung zwi-
schen Erneuerung und Bewahrung.
Die letzten zwei CDs unterstrei-
chen den völker- und genreverbin-
denden Ansatz, der Hillestad stets
wichtig war: Er brachte Taarab-Musi-
ker aus Tansiania mit norwegischen
DJs zusammen oder ließ die durch
den Grand Prix bekannte Anita
Skorgan mit Jazz- und Rockmusikern
im
800
qm großen Vigeland-Mau-
soleum sakrale Lieder aufnehmen.
Bei derlei Grenzgängerei entstand
manchmal auch Kritik von gna-
denloser Schärfe. So etwa, als
Sängerinnen aus den von George
W. Bush als „Achse des Bösen“
verteufelten Regionen gemeinsam
mit westlichen Kolleginnen Wiegen-
lieder aufnahmen, die das Label als
„Lullabies From The Axis Of Evil“
am Tag der amerikanischen Präsi-
dentschaftswahl veröffentlichte. Bei
KKV findet man gleichzeitig musi-
kalische Brillanz, hervorragenden
Klang und den Anspruch kultureller
Integration.
Peter Bickel
MUSIK ★ ★ ★ ★ ★
KLANG ★ ★ ★ ★
STEREO 1/2015 133
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